Vortrag: Grundrechtsföderalismus in den USA, Deutschland und der EU

Professor Dr. Thomas Kleinlein, Friedrich-Schiller-Universität Jena (D)

Datum: 19.03.2019, 18:00
Ort: Raum 6012 | Sigmund Freud Universität | Freudplatz 1, 1020 Wien

Föderale Strukturen und Rechte, die kaum im Zusammenhang betrachtet werden, sollten in ihrer Interaktion verstanden werden. Dies lässt sich mit einem Vergleich der amerikanischen und deutschen Verfassungstraditionen veranschaulichen. In beiden Traditionen interagieren Föderalismus und Rechte in verschiedenen Phasen der Verfassungsgeschichte auf jeweils charakteristische Weise. Diese Beispiele deuten darauf hin, dass der Föderalismus weder ausschließlich holistisch noch individualistisch verstanden werden sollte. Vielmehr spiegelt das Verhältnis zwischen föderaler Struktur und Rechten die Interdependenz individueller und demokratischer Selbstbestimmung wider. In der Europäischen Union kann das Bewusstsein für das Zusammenspiel zwischen (quasi-)föderaler Struktur und Rechten den Gerichtshof der Europäischen Union als Grundrechtsgericht leiten. Bei der Anwendung der Unionsgrundrechte auf die Mitgliedstaaten sollte der Gerichtshof Zurückhaltung üben. Ein prozessorientierter Ansatz für den Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten ist aus strukturellen Gründen angemessen. Dieser Ansatz ist nicht nur eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen des Grundrechtsschutzes in der EU, sondern entspricht auch der dualen demokratischen Legitimationsstruktur der EU.

 

Anmeldung bis 18.03.19: konrad.lachmayer@jus.sfu.ac.at

Biografie

Thomas Kleinlein studierte Rechtswissenschaft in München und Oxford; 2009 Promotion und 2016 Habilitation an der Goethe-Universität Frankfurt am Main; Eigene Stelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft; Assoziiertes Mitglied des Exzellenzclusters “Normative Ordnungen”; 2014 und 2015 Forschungsaufenthalte an der Yale Law School und an der University of Michigan Law School; 2016 bis 2018 Lehrstuhlvertretungen an der Ludwig-Maximilians-Universität München, an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Friedrich-Schiller-Universität Jena; seit Februar 2018 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.